
Juliane Schenk erklärt Rücktritt aus der Nationalmannschaft "Es gab Respektlosigkeit meiner Arbeitsphilosophie gegenüber."
Von Bernd-Volker Brahms
31.5.2013 - Deutschlands beste Badmintonspielerin Juliane Schenk hat am Freitag den Rücktritt aus der Nationalmanschaft zum Ende des Jahres erklärt. Nur einen Tag, nachdem sie erstmals auf Rang drei der Weltrangliste geklettert ist, zog sie einen Schlussstrich unter eine lang andauernde Misere zwischen Verband und Spielerin. Spätestens seit den verkorksten Olympischen Spielen in London war das Tischtuch beider Parteien nahezu zerrissen. Ob sie ab Januar 2014 auf eigene Faust internationale Turniere bestreiten wird, ließ sie offen. "Dazu kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen", sagte Schenk gegenüber badminton-news.de. Für EBT Berlin möchte sie aber auf jeden Fall weiter in der Bundesliga antreten.
"Es ist ein sportlicher Verlust für den Verband", sagte der Sportdirektor des Deutschen Badminton Verbandes (DBV), Martin Kranitz, auf Anfrage. Allerdings habe es seit nahezu zwei Jahren Unstimmigkeiten gegeben, die eine Zusammenarbeit erschwerten.
Sie habe nicht die ihr gebührende Unterstützung vom Verband erfahren, sagte die 30-Jährige Vize-Europameisterin schon in London, wo sie im Achtelfinale als Medaillenkandidatin ausgeschieden war. "Wer letztlich versucht mich auch noch auf Norm zurecht zu stutzen, damit ich gefügiger werde, hat mir dankenswerterweise die Augen geöffnet, dass mein Weg im DBV zu Ende geht", schrieb Schenk am Freitag in einer Erklärung. "An Respekt mangelt es meine Person betreffend spürbar, insbesondere was meine Arbeitsphilosophie angeht", so Schenk weiter.
Der Konflikt entzündete sich insbesondere an der persönlichen Mentaltrainerin und jetzt auch Lebensgefährtin von Juliane Schenk. Gaby Frey arbeitete seit mehreren Jahren mit Deutschlands bester Spielerin zusammen, ohne das der Verband darin einbezogen war. Schenk hatte nach den Olympischen Spielen offiziell die Zusammenarbeit mit Gaby Frey beendet, beim DBV hat man ihr nach Angaben von Chef-Bundestrainer Holger Hasse geholfen eine neue Mentaltrainerin zu gewinnen. "Ich habe mehrere Vorschläge unterbreitet und sie auch noch konkreten Wünschen gefragt. Sie hat alles abgelehnt, teilweise ohne eine Begründung zu geben", sagte Hasse auf Anfrage von Badminton-news.de. Der Bundestrainer bedauert es sehr, dass die Zusammenarbeit des DBV mit ihrer Spielerin nach anderthalb Jahrzenhten derartig zuende gehe. "Ihre Erfolge zeigen aber auch, dass bei der Förderung des Verbandes nicht alles schlecht gewesen sein kann", so Hasse. Er wünscht sich, dass Schenk bei der WM im August in China dabei ist und noch einmal richtig erfolgreich spielt.
"Juliane wollte ohne Rücksprachen mit dem Verband frei Entscheidungen treffen, gleichzeitig wollte sie alles bezahlt haben", sagte Sportdirektor Martin Kranitz. Man habe ihr klare Regeln benannt, die ebenso auch für andere Spieler gelten würden. "Sie hat sich nicht daran gehalten", so Kranitz. In London hatte ein Artikel des "Tagesspiegel" das Fass zum Überlaufen gebracht. Dort war Kranitz zitiert worden, dass Juliane Schenk der Mentalrainerin Frey gegen über "hörig" sei. Kranitz dementierte die Worte, Frey reiste ab und Schenk verlor ihr Achtelfinal-Spiel. "Man wollte nicht, dass ich gewinne", hatte Schenk über die Verbandsverantwortlichen gesagt.
In den Monaten ab Oktober legte Schenk eine schier unglaubliche Siegesserie bei den Super Series-Turnieren hin und schlug die gesamte Weltelite. Der Verband setzte sie bei einem Länderspiel gegen China ein und baute auf Versöhnung.
Einige Zeit schien es so, als könnten sich beide Seiten noch einmal zusammenraufen. Mit Holger Hasse trat am 1. Januar 2013 zudem ein neuer Chef-Bundestrainer an, der nach eigenen Worten versucht hatte, Schenk eine Chance einzuräumen und sie zu integrieren. Dies schien zu fruchten. Im Februar gewann die deutsche Nationalmannschaft in Ramoskoje (Russland) die Mixed-Mannschafts-EM. Juliane Schenk hatte im Endspiel gegen den Favoriten Dänemark mit zwei Siegen im Einzel und im Doppel einen ganz entscheidenen Anteil am ersten EM-Titel-Gewinn Deutschlands. Als das Team vor drei Wochen zur Mannschafts-WM nach Kuala Lumpur (Malaysia) aufbrach, da meldete sich Juliane Schenk zwei Tage vor der Abreise krank. Nun folgte am Mittwoch dieser Woche geggenüber dem Verband, wie Kranitz bestätigte, der Rücktritt aus dem Nationalteam.
Ein Länderspiel - sie hat insgesamt 99 bestritten und liegt in der ewigen Rangliste auf Platz zwei hinter Rekordhalterin Nicole Grether (106) - wird nicht mehr hinzukommen. Allerdings ist die 30-Jährige noch für die Individual-WM im August in Guangzhou (China) startberechtigt. "Wenn es jetzt keine größere Schlammschlacht mehr gibt, dann spricht nichts dagegen, dass sie dort auch antritt", sagte Sportdirektor Kranitz. Es wäre die neunte WM für die Topspielerin, die sogar auf Setzplatz drei hoffen kann.
Wie Juliane Schenk am Freitag gegenüber badminton-news.de bestätigte, werde sie auf jeden Fall künftig noch in der Bundesliga bei EBT Berlin zu sehen sein: "Der deutsche Mannschaftsmeister steht bei mir nach wie vor hoch im Kurs."
Hier die Rücktrittserklärung von Juliane Schenk im Wortlaut: